FOMO & FOJI – Die stillen Ängste der Bildschirmgeneration - MoonWalker Verlag

FOMO & FOJI – Die stillen Ängste der Bildschirmgeneration

Psychologische Effekte sozialer Medien bei Kindern und Jugendlichen

von Antonia Schmoldt

Inmitten digitaler Dauervernetzung entstehen neue Formen psychischer Belastung – oft leise, subtil und schwer greifbar. Zwei Begriffe stehen sinnbildlich für die ambivalente Realität der Social-Media-Nutzung: FOMO (Fear of Missing Out) und FOJI (Fear of Joining In). Während die eine Angst aus dem Gefühl entsteht, nicht dabei zu sein, entspringt die andere der Angst davor, sich überhaupt zu beteiligen. Besonders Kinder und Jugendliche sind von diesen Phänomenen betroffen – mit oft unterschätzten Folgen für ihr psychisches Wohlbefinden.

Zwischen Anschlussdruck und Selbstzweifel: Was ist FOMO?

Der Begriff FOMO beschreibt die Sorge, etwas zu verpassen – seien es soziale Ereignisse, Trends, Erlebnisse oder Gruppenaktivitäten. Durch soziale Medien wird diese Angst verstärkt: Posts von scheinbar perfekten Momenten anderer erzeugen den Eindruck, selbst nicht genug zu erleben oder „nicht dabei“ zu sein. Studien zeigen, dass FOMO eng mit niedrigem Selbstwert, erhöhter Reizbarkeit und negativer Stimmungslage korreliert (Przybylski et al., 2013).

Gerade bei Jugendlichen, deren Identität sich noch in der Entwicklung befindet, wirkt dieser ständige soziale Vergleich besonders toxisch. FOMO erhöht die Bildschirmzeit, verstärkt den Druck zur ständigen Erreichbarkeit – und kann zu Schlafstörungen, innerer Unruhe und sozialem Stress führen (Elhai et al., 2016).

FOJI – Die weniger bekannte Angst vor Teilhabe

Weniger bekannt, aber nicht minder relevant, ist die Fear of Joining In (FOJI) – die Angst, sich auf Social Media zu zeigen, einen Kommentar abzugeben oder sich öffentlich mitzuteilen. Diese Form der Angst ist eng verbunden mit der Furcht vor Ablehnung, Bewertung oder Missverständnissen im digitalen Raum. Kinder und Jugendliche, die unter FOJI leiden, ziehen sich häufig zurück – aus Angst, nicht "richtig" zu wirken oder etwas „Falsches“ zu posten.

FOJI kann langfristig zu sozialer Isolation, Vermeidungsverhalten und einem Rückgang des Selbstwirksamkeitserlebens führen (Dhir et al., 2018). Gleichzeitig verstärkt sie paradoxerweise das Gefühl, ausgeschlossen zu sein – ein Teufelskreis zwischen Rückzug und Sehnsucht nach Zugehörigkeit.

Was macht diese Ängste so gefährlich?

FOMO und FOJI sind zwei Seiten derselben Medaille: Sie spiegeln das tiefe menschliche Bedürfnis nach Zugehörigkeit, das durch digitale Räume verzerrt wird. Während FOMO zu ständiger Reizsuche und Überforderung führen kann, resultiert FOJI in Selbstzensur und Unsicherheit.

Beide Phänomene können sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken – insbesondere in einer Lebensphase, in der sich Selbstbild, Selbstwert und Sozialverhalten noch formen. Wenn Likes zur Währung von Akzeptanz werden und Kommunikation über Emojis ersetzt wird, fehlen Kindern und Jugendlichen oft echte Räume für emotionale Regulation und Identitätsentwicklung.

Prävention und psychologische Bildung als Schlüssel

Um diesen Ängsten entgegenzuwirken, braucht es mehr als Medienerziehung: Es braucht psychologische Bildung. Kinder müssen lernen, wie soziale Vergleiche wirken, wie sie ihre Emotionen benennen und regulieren können – und wie digitale Räume unsere Selbstwahrnehmung beeinflussen. Eltern, Schulen und Fachkräfte können durch gezieltes Emotionscoaching, Medienkritik und Selbstwerttraining stärken.

Fazit

FOMO und FOJI sind keine Modediagnosen, sondern Symptome einer digitalisierten Jugendkultur, die zunehmend seelische Gesundheit herausfordert. Die Antwort liegt nicht in Verboten, sondern im Verstehen – und im Schaffen von Offline-Räumen, in denen echtes Erleben, Dialog und Selbstentfaltung möglich sind.

Literaturverzeichnis

Dhir, A., Yossatorn, Y., Kaur, P., & Chen, S. (2018). Online social media fatigue and psychological wellbeing—A study of compulsive use, fear of missing out, and fear of being ignored. International Journal of Information Management, 40, 141–152. https://doi.org/10.1016/j.ijinfomgt.2018.01.012

Elhai, J. D., Levine, J. C., Dvorak, R. D., & Hall, B. J. (2016). Fear of missing out, need for touch, anxiety and depression are related to problematic smartphone use. Computers in Human Behavior, 63, 509–516. https://doi.org/10.1016/j.chb.2016.05.079

Przybylski, A. K., Murayama, K., DeHaan, C. R., & Gladwell, V. (2013). Motivational, emotional, and behavioral correlates of fear of missing out. Computers in Human Behavior, 29(4), 1841–1848. https://doi.org/10.1016/j.chb.2013.02.014

Bildquellen: istock.de

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